2017

Datum
23.- 24. September 2017
Ort
Vitte/ Hiddensee
Homunkulus

Hiddenseer Äquinoktium 2017

Veranstaltungsreihe des Kunstverein Hiddensee e.V.

 

Die Ostsee – Eine Kultur- und Naturbetrachtung

„Der Charakter eines Meeres verdichtet sich in seinen Inseln.“
Christoph Neidhart aus: „Ostsee – das Meer in unserer Mitte“

Mit der Synthese von Natur- und Kulturbetrachtung der Ostsee spannt das
Hiddenseer Äquinoktium den Bogen von der Eiszeit bis zur jüngsten Gegenwart.
Die geologischen Besonderheiten lassen die Ostsee erdgeschichtlich als ein noch
sehr junges Meer erscheinen. Erst vor 15.000 Jahren, als die mächtigen Gletscher
der Eiszeit bis auf relativ kleine Restflächen abschmolzen, konnte das „Mare
Balticum“ entstehen. Doch Küsten und Untergrund bestehen überwiegend aus
Gesteinen, die zu den Ältesten Europas zählen. Unter dem größten Teil der See liegt
ehemals trockenes Land. Die Ostsee ist „Das alte Land unter dem jungen Meer“ –
beschreibt es der Biologe und Buchautor Hansjörg Küster. Trotz seiner kurzen
Geschichte unterlag das „Mittelmeer des Nordens“ immer wieder großen
geologischen Veränderungen, die noch keineswegs abgeschlossen sind. „Kein
anderes Meer ist so jung, war in den letzten Jahrtausenden so vielen Veränderungen
unterworfen. Nirgendwo sonst tauchten in den letzten Jahrzehnten derartig viele
Inseln aus dem Meer empor, nirgendwo sonst werden in ähnlicher Weise Küsten
zerstört und neu aufgebaut, nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viel
Brackwasser.“ – so Hansjörg Küster.

Zudem zeigt die Ostsee eine intensive Wechselwirkung zwischen Mensch und
Umwelt auf – die Gegebenheiten der Natur haben wesentlich zur kulturellen
Selbstfindung im Ostsee-Raum beigetragen. Einerseits prägte die Natur die
Siedlungsmuster und Wirtschaftsweise, wurde die Seefahrt bronzezeitlicher
Bernsteinhändler, Wikinger und Hansestädter durch die Unterschiede des
natürlichen Hinterlandes der Ostseeküsten stimuliert. Andrerseits hat der Mensch
nicht nur in der Gegenwart die Landschaften geprägt und mitgestaltet. So besitzt die
Ostsee mit der Verknüpfung von Geologie, Ökologie und Kulturgeschichte eine ganz
besondere Charakteristik.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann man die Ostsee als Kulturraum
neu zu entdecken. Großen Einfluss auf diese Entwicklung hatte Johann Gottfried
Herders Ostsee-Reisetagebuch, das er im Jahr 1769 im Geiste des „Sturm und
Drang“ verfasste. Darin forderte er den Charakter der einzelnen Völker in deren
Sprache, Kultur und ihren Überlieferungen, Märchen und Sagen zu erkunden, sowie
in den „Stimmen der Völker“ – in den „Volksliedern“. Damit legte er das Fundament
für eine Kultur- und sprachwissenschaftliche Forschung, die wir heute als
Landeskunde bezeichnen.

Ausgehend von der natur- und kulturgeschichtlichen Darstellung soll der
gegenwärtige Ostsee-Kulturraum in zweierlei Hinsicht exemplarisch belichtet werden:
bezüglich der bildenden Kunst und der Musik. Es soll der Frage nachgegangen
werden, was sie heute auszeichnet und welche Identitätsbildungsprozesse mit ihnen
möglicherweise angeschoben werden können.
„Contected by Art – Zeitgenössische Kunst aus dem Ostseeraum“ hieß eine
Versuchsanordnung als Kunst- und Ausstellungsprojekt im Staatlichen Museum
Schwerin, die den Kunst- und Kulturraum der Ostsee-Anrainer-Staaten in den Fokus
rückte. Die Konzeption spiegelt einen über Ländergrenzen hinweg agierenden
Kulturaustausch sowie ein kollektives Zusammenwachsen in den Bereichen Kunst
und Kultur wider und zeigt eine verbindende, länderübergreifende Kreativität des
Ostseeraumes auf.

Mit dem Abschlusskonzert soll eine musikalische Spurensuche vorgenommen
werden: Wie klingt der Norden? Wie wird der Ton vom Meer geprägt? Welche
musikalischen Gezeiten entstehen durch das Mare Balticum? Zum einen führt die
musikalische Spurensuche durch verschiedene Zeitepochen von Komponisten der
Anrainerstaaten des Mare Balticum – u.a. Carl Nielson, Torbjörn Lundquist, Arvo
Pärt, Pēteris Vasks. Zum anderen bringst eine weitere Spur Kompositionen zu
Gehör, die das Charakteristikum des Meeres widerspiegeln. Schließlich wird die
Gegenwart in den Klang des Mare Balticum übersetzt. Im Hier und Jetzt findet das
Mare Balticum seinen Ton.

 

Programm

Prolog: 21./22. September 2017
Zweitägiger Segeltörn Hiddensee – Mön – Hiddensee zur Einstimmung mit dem holländischen Traditionssegler
„Jan Huygen“ (www.janhuygen.de)

Sonnabend, 23.09.2017, 15:30 Uhr

Begrüßung
Mathias Buß, Vorsitzender des Kunstverein Hiddensee e.V.
Wiebke Volksdorf & Karl Huck, Homunkulus I Seebühne Hiddensee

1. Vortrag: Prof. Dr. Hansjörg Küster, Leibnitz Universität Hannover
„Die Ostsee – Eine Natur- und Kulturgeschichte“
(Kaffee-Pause)

2. Vortrag: Antonia Furjelova , Leiterin des Herder-Forums Weimar
„Johann Gottfried Herders Ostsee-Reisetagebuch“

19:00 Uhr: Führung durch die aktuelle Ausstellung des Kunstverein Hiddensee e.V.
„Jenny Fikentscher – Graphik und Malerei des Jugendstils“ (Galerie am Torbogen, Kloster)
mit Jana Leistner (Vorstand)

 

 

Sonntag, 24.09.2017, 10:00 Uhr

3. Vortrag: Dr. Kornelia Röder, Staatliches Museum Schwerin
„Connected by Art – Zeitgenössische Kunst aus dem Ostseeraum“
(Kaffee-Pause)

4. Konzert / Vortrag: Prof. Claudia Buder, Hochschule für Musik „Franz Liszt“ Weimar
„Der Klang des Nordens – Musik vom Mare Balticum“

12:30 Uhr: Herzliche Verabschiedung
Moderation: Tom Ritschel (Leipzig)